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Die Entscheidung der Woche

von Denise Zangenfeind |

Mit Beschluss vom 22.02.2022 entschied das OLG Stuttgart über die Auslegung einer Schlusserbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament, welche als "einseitig letztwillig" bezeichnet war.

 

Wird in einem Testament ein juristischer Fachbegriff verwendet, so ist eine von dessen tatsächlicher Bedeutung abweichende Auslegung nur möglich, wenn Umstände erwiesen sind, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss zulassen, dass die Testierenden dem verwendeten Terminus im Zeitpunkt der Testamentserrichtung übereinstimmend eine abweichende Bedeutung zugemessen haben.

 

In einem gemeinschaftlichen Testament muss eine "einseitige" Anordnung so verstanden werden, dass sie unabhängig vom Mittestator und ohne Beachtung der nach § 2271 Abs. 1 BGB für den Rücktritt von einem Erbvertrag geltenden Vorschriften des § 2296 BGB zu Lebzeiten und nach dem Ableben des Ehepartners frei widerrufen werden kann.

 

Juristisch betrachtet meint "einseitig" zwar auch eine Verfügung, die nur für einen Ehegatten bindend sein soll. Eine solche Interpretation kommt jedoch nicht in Betracht, wenn dabei offenbliebe und im Testament nicht einmal angedeutet wird, für welchen Ehepartner die Verfügung bindend und für wen sie frei widerruflich sein sollte.

 

OLG Stuttgart 8 W 361/21

Artikel: dz

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